In dieser Woche erschien mit SCUM ein neues Survivalspiel auf STEAM (Early Access), welches ich bis dato nicht auf dem Schirm hatte. Die Previews der letzten Monate waren ebenso wie der gamescom-Stand komplett an mir vorbei gegangen. Das änderte sich aber einen Tag vor Start der Early-Access-Phase am 29. August, als ich eher durch Zufall SCUM in den Live-Streams einiger meiner favorisierten YouTube-Kanäle fand. Und was soll man sagen, das Spiel löst gerade einen neuen Survival-Hype aus. Zurecht? Meiner Meinung nach mehr als das...

die Entstehung der modernen Survival-Games

Begonnen hatte alles 2012 mit einer Modifikation für ARMA II. Dean Hall, selbst Mitarbeiter beim ARMA-Entwickler Bohemia Interactive stellte im Sommer seine MOD DayZ vor und trat gerade zu eine Welle an Euphorie frei. Die Modifikation macht aus der Armeesimulation ARMA einen knallharten Endzeitüberlebenskrimi. Die Zombi-Apokalypse war ausgebrochen und es gab für den Spieler nur ein Ziel: Überleben! Aus der DayZ-Modifikation gingen weitere Ableger hervor, sozusagen jeweils die Mod zur Mod. Ebenfalls folgte eine nicht ganz gelungene Standalone-Version und auch das im September 2013 erscheinende ARMA III erhielt von der Community ähnliche Modifikationen, die aber die Wünsche der Fans nicht immer zu einhundert Prozent zufrieden stellen konnten. Dies gelang dann eher schon der ARMA III Modifikation "Exile", die komplett auf Zombies verzichtete. Stattdessen ging es hier nur Mann gegen Mann zur Sache. Exile warf den Spieler als Gefangenen auf eine große Gefängnisinsel. Ebenso wie in DayZ ohne Ausrüstung, ohne Essen und Trinken, quasi ohne alles. Wie in DayZ mussten die zum Überleben notwendigen Dinge "erlootet" werden. Traf man dabei auf einen anderen Spieler, so war die Frage: "Was hat der in seinem Rucksack, was ich gebrauchen könnte?" Überflüssig zu erwähnen, dass solche Aufeinandertreffen für einen der Beteiligten meistens tödlich endeten.
Dank DayZ und Exile war das Genre der Survival-Games geboren und es sprangen weitere Entwickler mit auf den Zug auf. SONY brachte H1Z1 auf den Markt, welches ebenfalls in einer Welt der Zombie-Apokalypse spielt. Andere Entwickler griffen nur ein paar der Grundmechaniken von DayZ und seiner Modifikationen auf. Hier und da wurde der Schauplatz und somit die Hintergrundgeschichte verlegt. Beispielsweise in eine Dinosaurierwelt oder aus Film und Fernsehen bekannte Universen. Dadurch entstanden Hits wie ARK: Survival Evolved oder Conan Exiles.

SCUM = DayZ 2.0?

Der US-amerikanische Entwickler Gamepires hat nun mit SCUM ein Spiel in den Early Access auf STEAM gebracht, welches die meisten Gamer bereits jetzt als DayZ 2.0 bezeichnen. Es vereint die Grundideen von DayZ und Exile, packt eine Prise Hunger Games (Die Tribute von Panem) dazu, ergänzt die bekannten Spielelemente durch eine hohe und doch leicht zugängliche Komplexität und - was viele Gamer freuen dürfte - spendiert der ganzen Mixtur mit einer ordentlichen Portion an Rollenspielelementen. Dabei geht die Entwicklung des Spiels jetzt erst richtig los. Die Early-Access-Phase soll gut ein Jahr andauern. In dieser Zeit wollen die Entwickler das Spiel kontinuierlich verbessern und um neue Funktionen und Spielmechaniken erweitern.

Wer DayZ, Exile und ARK kennt, der bekommt schnell das Gefühl, dass die Entwickler bei Gamepires sich recht dreist bei diesen Titeln bedient haben und nur ein grafisch aufpoliertes DayZ abliefern wollen. Taucht man dann weiter in das Spiel und dessen Story ein, so merkt man schnell, dass SCUM wesentlich mehr ist und die eingangs erwähnten Spiele nur das Grundgerüst dafür geliefert haben. Kamen die meisten Survival-Games bisher meistens als reine Sandbox-Spiele daher, so soll SCUM bis zur finalen Version wesentlich mehr Tiefgang bieten.
In der nahen Zukunft sind Fernsehenshows wie Big Brother oder das Dschungelcamp Schnee von gestern. Der Live-Feed von SCUM bei dem Schwerverbrecher aufeinander losgelassen werden ist angesagt, quasi der heiße Scheiß von morgen. In SCUM spielen wir einen dieser Gefangenen, der in einem zwölf mal zwölf Kilometer großen Gefängnis-Areal abgesetzt wird. Einige der NPC-Gefangen haben den Verstand verloren und wandern wie Zombies meist in der Nähe von Siedlungen umher. Ebenfalls gibt es verlassene Militäreinrichtungen, zu denen die Gefangenen (eigentlich) keinen Zutritt haben dürften. Hier stolzieren übergroße Mech-Roboter als Wachen umher und eröffnen auf jeden der dem Gelände zu nahe kommt das Feuer. Gelegentlich bekommen wir Besuch von einer Kameradrohne, die uns durch unser Implantat im Nacken aufgespürt hat. Das würde nicht weiter stören, wenn man nicht befürchten müsste, dass durch den Lärm der Drohne und deren Scheinwerfer andere Mitgefangene/Spieler auf uns aufmerksam werden könnten.

Das größte Ziel im Spiel heißt natürlich "Überleben". Wie wir das anstellen bleibt uns überlassen. SCUM lässt den Spielern dabei mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Von "Rambo" bis "zum Mann aus den Bergen" ist alles möglich. Allerdings müssen wir darauf achten, dass wir gesund bleiben. Hierbei hilft uns unser Implantat. Durch dieses haben wir Zugriff auf all unsere Vitalwerte. Anders als es in bisherigen Überlebensspielen der Fall war müssen wir genug Kalorien zu uns nehmen und auf eine ausgewogene Ernährung achten. Sogar die Entleerung von Darm und Blase spielen eine wichtige Rolle. Das Spiel gibt uns genaue Informationen was mit dem das wir zuvor gegessen und getrunken haben passiert und wir müssen darauf achten, dass das, was oben rein gekommen ist, auch irgendwann wieder unten raus kommt.

Bereits die Charaktererstellung vor dem Betreten eines Servers deutet darauf hin, dass hier nicht nur das Aussehen bestimmt wird. Die Wahl des Alters und des Körperbaus unserer Spielfigur ist entscheidend für den weiteren Verlauf. Wir vergeben gewisse Skillpunkt wie beispielsweise diverse Kampffähigkeiten und Kondition unseres Avatars. Diese Fähigkeiten verändern sich im Laufe des Spiel abhängig von unserem Spielstil und den Entscheidungen die wir treffen.
Nicht weniger komplex schaut der Rest des Spiels aus. Das Crafting-System erlaubt es uns einige lebenswichtige Hilfemittel herzustellen. Auch in den Crafting-Rezepten lässt SCUM uns mehrere Optionen offen. Möchten wir zum Beispiel eine Kiste zum Lagern von Gegenständen bauen, so benötigen wir dafür Bretter und etwas um die Bretter fest zubinden. Letzteres kann ein Seil, ein Draht, ein aus Kleidungsfetzen zusammen geknotetes Tau oder ähnliches sein. Wenn wir endlich einmal eine Schusswaffe im Spiel gefunden haben, dann reicht es nicht auch das passende Magazin zu der Waffe gefunden zu haben. Nein, wir benötigten auch die passende Munition, welche wir erst in das Magazin füllen müssen bevor wir dann das Magazin in die Waffe laden. Aufsätze für Waffen lassen sich auch finden, doch bevor wir eine Visierung auf unsere Waffe bauen können benötigen wir die dazu passende Schiene.

Sei es das pure Überleben, das Crafting oder die Konfrontation mit anderen Spielern; mit all unserem Tun können wir uns "Ruhmpunkte" erarbeiten. Steigen im Rang auf oder ab und beeinflussen die Entwicklung unseres Charakters. Ruhmpunkte können beispielsweise für Spawnpunkte ausgegeben werden, was in einigen Situationen recht hilfreich sein kann. Spielt man im Team, so ermöglicht uns das Spawnsystem im Falle unseres Ablebens wieder in der Nähe unserer Kameraden ins Spiel einzusteigen.

Man merkt schnell, dass SCUM den Realismus auf die Spitze treibt und der Außenstehende wird sich fragen: Kann das dann denn noch Spaß machen? Oh ja, das kann es! Die Komplexität des Spiels verleiht dem Genre eine bisher noch nie gesehene Spieltiefe. Nebenquests und Deathmatch-Events runden das Ganze ab. Als Krone oben drauf schaut SCUM wahnsinnig gut aus, besitzt eine gelungene Klangkulisse und schafft mit einem Tag-Nacht-Zyklus und einem dynamischen Wettersystem eine unglaublich stimmige Atmosphäre. Unter der Haube kommt hier die Unreal Engine 4 zum Einsatz und in SCUM zeigt diese wirklich einmal was sie kann. Dadurch ist SCUM natürlich recht hardwarehungrig, läuft aber trotzdem auf einem halbwegs aktuellen Gaming-PC flüssig. Auf dezidierten Servern können sich bis zu 64 Spieler in den Überlebenskampf stürzen. Wer sich ungern mit anderen Spielern anlegt für den hat SCUM auch einen Singleplayer-Modus parat. Während der Early-Access-Phase ist SCUM nur auf Windows-PC verfügbar.

An dieser Stelle eine Warnung: Das Spiel zeigt nicht nur die Verdauung schonungslos und unzensiert. Obwohl es zum überwiegenden Teil meistens recht friedlich voran geht, besitzt SCUM trotz alledem eine ungewöhnlich hohe und detaillierte Gewaltdarstellung. Im wahrsten Sinne des Wortes können hier auch einmal Köpfe rollen und Gedärme durch die Luft fliegen. Wem das zu viel ist oder wer noch keine 18 Jahre alt ist, der/die sollte unbedingt Abstand von dem Spiel nehmen. Für alle anderen gilt das folgende Fazit.

Fazit

SCUM hat sich binnen kürzester Zeit die Titel "DayZ-Killer" und "DayZ 2.0" eingeheimst und dies ist absolut gerechtfertigt. Das Spiel weiß in den relevanten Punkten Gameplay, Spieltiefe, Grafik und Sound bereits im Early Access zu überzeugen. Die Special-Events sowie die Storyelemente und Quests, welche nach und nach im Laufe der Early-Access-Phase immer mehr den Weg ins Spiel finden sollen, sorgen für die nötige Langzeitmotivation. Der Spagat zwischen dem Grad an Realismus und Arcadegame könnte für meinen Geschmack nicht perfekter gelungen sein. Audiovisuell ist SCUM für mich persönlich das beste Spiel was ich bisher auf Basis der Unreal Engine 4 erlebt habe. Wer mit dem doch recht speziellen Gerne etwas anfangen kann, der sollte sich das Spiel unbedingt einmal näher anschauen. Im ersten Teil der Early-Access-Phase gibt es das Spiel für noch nicht einmal 17 Euro auf STEAM. KAUFEMPFEHLUNG!

SCUM bei Steam
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