Unser gamescom 2018 Highlight haben wir Euch ja bereits verraten. Nun sind ein paar Tage ins Land gezogen und es ist an der Zeit über unsere weiteren Eindrücke zu reflektieren. Naja, zumindest über meine eigenen. Was war für mich neben den Retro-Ständen noch interessant auf der diesjährigen Gaming-Messe?

In diesem Jahr konnte ich an zwei Tagen auf der gamescom vor Ort sein. Zum einen am Dienstag, den Fachbesuchertag, und zum anderen am Samstag, den Tag mit traditionell den meisten Besuchern. Dabei konnte ich beide Areale der Messe besuchen, den Business- und den Entertainment-Bereich. Besonders im Business-Bereich war dabei zu spüren, welchen Wandel die Messe in den letzten Jahren vollzogen hat. Hier werden nicht nur neue Produkte vorgestellt, hier geht es einfach immer mehr ums Geschäft. Die Trends der nächsten Monate werden dort bereits festgelegt oder zumindest wird versucht diese Trends soweit möglich zu beeinflussen: Was wird welcher bekannte Streamer demnächst auf seinem Kanal zeigen? Worüber werden die etablierten Online- und Printmagazine berichten? Mit welchen kostenlosen Spielbeigaben kann man welches neue Hardwareprodukt pushen? Und umgekehrt: Welches neue Spiel zeigt im Vorspann den Trailer welches Hardwareherstellers? Viele dieser Fragen werden in Köln geklärt oder es werden einfach nur die entsprechenden Kontakte geknüpft um nach der gamescom den Stein ins Rollen bringen zu können. Und wenn wir ehrlich sind: Genau dafür ist eine Messe ja auch da.

Der Großteil der Stände im Business-Bereich war von außen absolut „clean“ gehalten. Zwischen all den Pappwänden fühlte man sich wie die Maus im Labyrinth. Dabei fielen einem die sehr offenen Stände von Bundesländern wie NRW, Sachsen, Bremen oder Bayern gerade zu ins Auge. Hier warb man für sich als den optimalen Standort für die Entwicklung und den Vertrieb von Computerspielen. Es wirkte schon etwas skurril, wenn man beispielsweise am Stand des Landes Bayern um die Gunst der Branche mit kostenlosen Brezeln, Leberkäse und Getränken buhlte und man dabei bedenkt welche Politiker sich noch vor gar nicht so langer Zeit in der Öffentlichkeit immer wieder auf’s Neue negativ über das Medium „Games“ geäußert haben. Könnten die Herrschaften etwa erkannt haben, dass Gaming nicht mehr eine Nischenerscheinung ist?

Anders schaute es in der Entertainment-Area aus, die sich an alle Besucher der Messe richtete. Auffällig war hier, dass man bei den meisten Ausstellern inzwischen davon abgekommen ist die Stände bei (möglichen) USK 18 Titeln komplett blickdicht zu halten. Standen hier vor ein paar Jahren ähnliche Wände, wie im Business-Bereich, so zeigt man jetzt etwas mehr „Offenheit“. Auch wenn die Inhalte den Besuchern nicht direkt gezeigt werden durften, präsentiert man sich zumeist mit einer aufwendigen Gestaltung des Standes. Der EA-Stand wirke hierbei zwar noch am aufgeräumtesten, zeigte aber auch die eben angesprochene Offenheit. Hier waren die Monitore der Demorechner für Battlefield V einfach vom Laufpublikum nicht einsehbar (wobei Battlefield V aller Wahrscheinlichkeit statt mit einer USK 18 eher mit einer Freigabe ab 16 Jahren zu rechnen hat).
Anders kam da schon EPIC Games mit seinem Stand zu Fortnite daher. Hier hatte man einfach mal eine Szene aus seinem Battle Royale nachgebaut. Zwischen zwei Erhebungen konnten sich einige Besucher mit einer Seilwinde hin und her schwingen.
An dieser Stelle möchte ich auch kurz auf das wohl größte Gerücht der diesjährigen gamescom eingehen. Die Legende sagt, dass ein Besucher in der Warteschlage des Fortnite-Standes diese nicht verlassen wollte, als die Natur ihren Tribut zollte. Statt dessen verrichtete er sein großes Geschäft in einer Plastiktüte, welche er dann einfach auf dem Boden platzierte. Die nachkommenden Wartenden hätten dann den Inhalt der Tüte, natürlich ohne jegliche Kenntnis über deren Inhalt, mit ihren Schuhen auf dem Hallenboden verteilt. Das Reinigungspersonal der Messe habe sich in der Folge geweigert die Sauerei zu beseitigen, worauf hin das Standpersonal selbst tätig werden musste. Doch Fakt ist, dass es für diese Geschichte keine Belege gibt. Es gibt weder Foto- oder Videomaterial des Vorfalls, geschweige denn Augenzeugenberichte. Nachdem, was ich bisher in Erfahrung bringen konnte, roch es in der Halle in der sich der Fortnite-Stand befand einmal etwas schlecht. Wer die Mentalität und Kreativität vieler Gamer kennt, der kann sich gut vorstellen, dass einige vielleicht dann beim Versuch eine Erklärung für den Geruch zu finden etwas zu sehr ihrer Phantasie freien Lauf gelassen haben. EPIC Games dementierte den Vorfall zumindest umgehend und – wie gesagt – es gibt keinerlei Beweise, dass wirklich einer am Fortnite-Stand in eine Tüte „gekackt“ hat. 😉 Trotzdem bin ich sicher, dass dieses imaginäre Highlight Fortnite und EPIC noch Jahre lang anhängen wird: „So ein Kack-Spiel“!

World War 3, Battlefield V & CoD: Black Ops IIII

Back to Topic! Ohne sich im Vorfeld informiert zu haben ist es schwer sich auf der Messe zu orientieren. Was man wo gesehen haben will, darüber sollte man sich vor dem Besuch der gamescom bereits Gedanken gemacht haben. Umso erfreulicher ist es dann, wenn man eher durch Zufall über Stände stolpert, die man gar nicht auf der Liste hatte. Einer dieser Stände war das doch recht kleine Booth des polnischen Entwicklers „The Farm 51“, der in Halle 10.1 ein Spiel mit dem Namen „World War 3“ präsentierte. Das Game erinnert schon auf den ersten Blick recht stark an Battlefield 3 und 4. Auf der gamescom konnte man eine Map anspielen, die in einem verregneten Berlin spielt und spätestens dabei erkennt man, dass World War 3 eher ein Battlefield 2 mit aktueller Grafik und Spielmechaniken ist. Am Stand berichtete man mir Samstags davon, dass zwei Tage zuvor das komplette Messeteam von EA-DICE (Battlefield-Entwickler) da gewesen wäre, um sich das polnische Spiel anzuschauen. Die Zielgruppe des Spiels ist auch recht leicht ausgemacht. World War 3 richtet sich an alle Fans von „modern Warfare“-Shootern, denen die Battlefield-Reihe in den letzten Jahren zu Arcade-lastig geworden ist. Das scheinen die Entwickler von The Farm 51 auch auf Basis der Unreal Engine 4 recht gut umgesetzt zu haben. Im Herbst wissen wir mehr, dann erscheint World War 3 für den PC auf Steam.

Die beiden großen Shooter dieses Jahres, nämlich Battelfield V und Call of Duty: Black Ops IIII hatte ich mir auf der Messe nicht angeschaut. Warum auch? Zu BF V gab es im Vorfeld bereits zwei Alphas und obendrauf wird es diesen Monat die (public) Beta geben. Interessanter finde ich da schon die Background-Informationen zum neusten Battlefield, welche erst nach der Messe richtig an die Öffentlichkeit gelangt sind. Zum einen wäre da die Verschiebung des Releases zu nennen. Offenkundig liegt man bei EA-DICE etwas hinter dem Zeitplan, weshalb Battlefield V statt im Oktober erst im November auf den Markt kommen wird. Zum anderen wird man bei EA wohl aufgrund der bisher mageren Vorbestellerzahlen etwas unruhig und spielt verschiedene Szenarien durch um das Produkt für die Gamer interessanter machen zu können. Zwei dieser Ideen klingen recht vielversprechend. Man überlege, ob der für nach dem Start von BF V geplante „Battle Royale Modus“ gegebenenfalls als kostenlose Stand-Alone-Version veröffentlicht werden könne. Besitzer des Hauptspiels wolle man dann mit Extras für den Ableger belohnen. Die zweite Überlegung gefällt mir dabei wesentlich besser, denn man macht sich bei EA auch darüber Gedanken zu Battelfield V ein Battelfield: Bad Company 2 in einer remastered Fassung als kostenlosen DLC anzubieten. DLCs sollen bei Battelfield V generell kostenlos sein. Ein Season Pass, in der Vergangenheit Premium genannt, entfällt somit. Auf ein Bad Company 2 auf Basis der aktuellen Frostbite-Engine würde ich mich persönlich wirklich freuen.
Verglichen mit EA steht Activision immer etwas kleiner auf der gamescom da. Dafür protzt des Mutterhaus Blizzard, welches vor ein paar Jahren seinen ehemaligen Publisher einfach geschluckt hatte. Im Business-Bereich wie in der Entertainment-Area gab es auf relativ kleinen Ständen das neue Call of Duty: Black Ops IIII zu sehen. Da man ein paar Tage vor der Messe bereits die öffentliche Beta zu Black Ops IIII veranstaltet hatte und mich diese überhaupt nicht überzeugen konnte, ging auch mein Interesse an den Activision-Ständen gegen Null.

Nvidia lässt die Katze aus dem Sack

Bereits am Montag hatte Nvidia die Katze aus dem Sack gelassen und seine neuste Generation der GeForce-Grafikkarten(-Chipsätze) vorgestellt. Hardware-Fans werden es wahrscheinlich wie die Erscheinung des heiligen Grals empfunden haben sich die neuen Karten samt den dazugehörigen Tech-Demos auf der Messe anschauen zu können. Doch ganz ehrlich gesagt: Was gab es da, was man sich nicht auf YouTube hätte anschauen können? Ein für mich persönlich lustiger Fun-Fakt war dafür die montägliche Präsentation an sich, die ich live im Stream verfolgt hatte. Rund zwei Drittel der Zuschauer bestanden aus ganz normalen Gamern, denen spätestens nachdem die Präsentation fünf Minuten im Gange war die Fragezeichen über den Köpfen schwebten, denn sie verstanden nur Bahnhof. Von „Raytracing“ wurde da gesprochen; von einer künstlichen Intelligenz die Bilder mit niedriger Auflösung hochrechnet und um die fehlenden Pixel ergänzt. Nvidia ging wahnsinnig ins Detail, was generell auch notwendig war, doch das reichte nicht um den Großteil der Zuschauer abholen zu können. Erst im Nachhinein wurde wohl den meisten klar, welch ein Sprung die neue RTX genannte Technologie bedeutet. Obwohl Raytracing nichts neues ist, wurde diese Technik im Gamingbereich bisher kaum benutzt. Der Grund dafür ist schlichtweg die Performance. Das 2007 erschienene Enemy Territory: Quake Wars unterstützte bereits (nach einem Patch) Raytracing. Doch aktivierte man auf einem normalen PC diese Funktion so fiel die Framerate in den unteren einstelligen Bereich. Nun ist es Nvidia gelungen diese Technologie markttauglich umzusetzen. Raytracing bei den neuen Nvidia-Chips bedeutet, dass man nun in Echtzeit das Verhalten von Lichtstrahlen berechnen und darstellen kann. Dies bringt einen enormen Zugewinn im Bereich der realistischen Grafik in Computerspielen. Um beispielsweise Spiegelungen auf glatten Oberflächen, im Wasser oder sogar im Auge einer Spielerfigur darstellen zu können, musste man sich bisher eines Tricks bedienen. Entweder wurden hier vorgefertigte Texturen auf die entsprechenden Flächen gelegt oder man benutzte eine Technik namens „Render to Texture“. Mit Raytracing werden nun Lichtstrahlen überall im Spiel naturgetreu berechnet und wiedergegeben, abhängig von ihrem Ursprung und den Flächen auf die sie treffen. Und natürlich abhängig davon wie diese Flächen aufgrund ihrer Materialbeschaffenheit wiederum das Licht reflektieren. Eine ausgesprochen interessante Technologie die wir bereits im neuen Shadow of the Tomb Raider, in Battlefield V und in Metro Exodus erleben dürfen werden. Vorausgesetzt wir besitzen eine entsprechende RTX-Grafikkarte. Diese werden zu Anfang als RTX 2070, RTX 2080 und RTX 2080 Ti auf den Markt kommen und zwischen 800 und 1400 Euro kosten.

und sonst noch?

Cloud Imperium Games, die Macher von Star Citizen, waren 2018 leider nicht auf der Messe mit einem Stand vertreten. Man möchte die dafür nötigen Ressourcen lieber in die Arbeit am Spiel stecken. Dafür kamen aber einige der Mitarbeiter als Besucher, so dass man ihnen in den Hallen über den Weg laufen konnte. Als ich Samstags kurz zur Toilette ging traf ich dann auch prompt Brian Chambers und den deutschen Community-Manager Ulf im Gang vor den WCs, wechselte (leider) nur kurz ein paar Worte mit ihnen und ließ sie weiter ihres Weges ziehen. Trotzdem, eine sehr nette Begegnung mit den recht bodenständigen und sympathischen Leuten von CIG.

Betrachtet man die Entertainment-Area so fällt auf, dass viele Aussteller mit Goodies und Giveaways in diesem Jahr ausgesprochen sparsam umgegangen sind. Das liegt an zwei Dingen. Erstens gab es gar nicht all zu viele neue Produkte die man mit Goodies hätte promoten können und zum zweiten gibt es für die etablierten Marken keinen Grund T-Shirts, Caps, Taschen oder ähnliches unter’s Volk zu bringen, wenn man gleichzeitig genau dafür einen Shop-Stand auf der gamescom hat. Eigens eine komplette Halle wurde für Merchandising abgestellt. War der Verkauf von Produkten in der Regel auf dem restlichen Messegelände untersagt (abgesehen von den eigenen gamescom-Ständen), konnte man hier sein Fan-Shirt zum neusten World of Warcraft Addon oder sein Call of Duty Schlüsselband käuflich erwerben. Warum also etwas verschenken, wenn es die Leute auch kaufen würden?

Eher Zufällig lief ich zusammen mit CZ-Tunes in der Cosplay-Area in ein Jan Hegenberg Konzert hinein. Eigentlich waren wir auf der Suche nach Sven von Retroblah als die Menschenmenge unsere Aufmerksamkeit erregte. Der aus Witten stammende Liedermacher ist mit seinen schrägen Gamer-Songs schon seit Jahren ein Star der Szene. Lieder wie „Die Horde rennt“ und „Cheater an die Wand“ gehören inzwischen zu jeder LAN-Party einfach dazu.

Unterm Strich bleibt mein Eindruck von der gamescom, wie ich ihn schon seit meinem ersten Messebesuch vor einigen Jahren habe, weiterhin bestehen. Man geht nicht zur gamescom um stundenlang in der Schlange zu stehen weil man ein neues Game antesten möchte. Man geht auch nicht zur gamescom um sich über neue Produkte zu informieren. Abgesehen von zufälligen Ausnahmen, wie es bei mir mit World War 3 der Fall war, ist es einfacher und bequemer sich seine Infos über das Internet zu besorgen. Aber man geht zur gamescom um dort Leute zu treffen die genau so einen Tick haben wie man selbst. Man geht zur gamescom als Gamer unter Gamern; als Retroianer unter anderen Retrobegeisterten. Und das hat in diesem Jahr für mich wunderbar funktioniert. Deshalb abschließend an dieser Stelle nochmals mein Dankeschön an René Meyer und Lars Grüttgen aka SigmaZeven von der German Remix Group. Jetzt freue ich mich erstmal auf die Games die diesen Herbst und Winter auf uns zukommen und dann geht der Blick schon wieder Richtung gamescom 2019.