Lootboxen sind aktuell ein heiß diskutiertes Thema. Besonders Electronic Arts (kurz EA) steht derzeit mit dem Lootbox-System von Star Wars: Battlefront II am Gamer-Pranger. Nun soll neben dem Shitstorm der Spielercommunity vor Allem ein Telefonat zwischen den CEOs von Disney und EA für die vorübergehende Deaktivierung der sogenannten Mikrotransaktionen in Battlefront II gesorgt haben.
Seit der öffentlichen Beta von Star Wars: Battlefront II ist die Aufregung groß. Lootboxen sind eigentlich nicht wirklich neu in der Gamingbranche. Besonders von Free to Play Titeln kennt man das System. Dort finanzieren sich die Spiele u.a. dadurch, dass der Spieler sich für kleines Geld (Mikrotransaktionen) Kisten kaufen kann, welche dann meistens optische Veränderungen (oder besser gesagt: Verschönerungen) für Waffen und Spielerfiguren sowie Boosts enthalten.
Der Haken an der Sache: Eine Lootbox enthält meistens immer mehrere dieser Items, der Spieler erhält beim Öffnen der Box aber nicht alle Gegenstände. Möchte man als Spieler also zum Beispiel eine gewisse Skin haben, so muss man sich die dazugehörige Lootbox wahrscheinlich mehrmals kaufen. So lange, bis man endlich den begehrten Gegenstand erhalten hat. Deshalb bezeichnet man Lootboxen nicht grundlos als „Glücksspiel„.
In Star Wars: Battlefront II erlebt das Thema nun aber eine neue Dimension. Nicht nur, dass dieses System in einem AAA-Titel zu Einsatz kommt. Die Lootboxen in Battlefront II sind für den Spieler auch die einzige Möglichkeit um an Levelbelohnung zu kommen. Das Gamingmagazin N4G errechnete, dass ein Spieler zum Erreichen aller Freischaltungen Lootboxen im Wert von 2.100 US-Dollar kaufen oder alternativ das Game 4.528 Stunden gespielt haben muss. Die Konsequenz war ein gerechtfertigter Shitstorm der Community der Star Wars: Battlefront II bereits vor der Veröffentlichung den Ruf ein „Pay2Win“-Titel zu sein einbrachte. Je nach Edition bezahlt der Spieler zwischen 60 und 90 Euro und muss dann noch weiter Geld in das Spiel pumpen um mit den anderen Spielern mithalten zu können. Da hilft auch das Argument nicht weiter, dass es in Battlefront II das von Battlefield und SW:BF I her bekannte Premiumsystem nicht mehr gäbe und alle DLCs für Battlefront II kostenlos sein werden.
Gerüchten zufolge soll EA’s Lootbox-Politik in dieser Woche seinen vorläufigen Höhepunkt in einem Telefonat zwischen den CEOs von EA und Disney gefunden haben. Dies berichtete vor einigen Stunden das Forbes-Magazine, welches den Artikel inzwischen aber wieder offline genommen hat. 4Players.de berichtet hingegen, dass…
…Jimmy Pitaro (Head of Consumer Products and Interactive Media bei Disney) eine „Mitteilung“ an Electronic Arts geschickt, in der Bob Iger (Chef von Disney) seine Bedenken äußert, wie Electronic Arts das Spiel handhabt und wie die Öffentlichkeit letztendlich Star Wars Battlefront 2 sieht.
Was auch immer da genau hinter den Kulissen abgelaufen ist, Electronic Arts ist die eigene Lootbox-Bombe wohl mächtig um die Ohren geflogen, so dass man sich am gestrigen Freitag zum offiziellen Verkaufsstart von Star Wars: Battlefront II (Vorbesteller der Deluxe Edition konnten bereits seit Dienstag spielen) dazu entschlossen hatte, die Funktion „Lootboxen für Echtgeld zu kaufen“ vorübergehend zu deaktivieren. Aktuell können Lootboxen nur noch erspielt werden.
EA betonte,…
…dass die temporäre Entfernung der Echtgeld-Mikrotransaktionen (Ingame-Käufe) keinen Einfluss auf die prognostizierten Unternehmenserlöse haben wird.
Eine Aussage, die jedem Gamer wohl am Allerwertesten vorbei gehen wird, aber gleichzeitig zeigt, wo EA seine Schwerpukte setzt. Na gut, das müssen sie auch, denn Electronic Arts ist eben ein gewinnorientiertes Unternehmen.
Nur heiligt der Zweck nicht immer die Mittel. Das zeigt sich auch in den Bewertungen von Battlefront II, denn obwohl Star Wars: Battlefront II eigentlich ein sehr gutes Spiel ist, lassen einige Magazine das übertriebene Lootbox-System in ihre Wertung einfließen. EA bittet inzwischen die Spieletester davon Abstand zu nehmen und nur das Gameplay und den Gesamteindruck zu bewerten. Doch wie soll man ein Lootsystem bei seinem Review außen vor lassen, wenn es so gravierend in die Spielmechanik eingreift?
Wie es mit dem Lootbox-System in Battlefront II nun weiter geht ist unklar. Wahrscheinlich wird man das System dahin gehend überarbeiten, dass man optische Verbesserungen mit Mikrotransaktionen kaufen kann und spielrelevante Items häufiger im Spiel „gedroppt“ werden.
Trotz aller Kritik. Heute, am Samstagnachmittag nach dem Release, sind die Gameserver allesamt rappel voll und die EA-Account-Server teilweise für einige Minuten wegen Überlastung nicht erreichbar. EA’s Aktionäre dürften also zufrieden sein.
Übrigens (zum Ersten): Auch Activision’s Call of Duty: WWII hat Lootboxen. Diese beschränken sich allerdings hauptsächlich auf optische Verbesserungen und Boosts. Das Besondere hier ist aber, dass die Spieler ihre Lootboxen in der Gegenwart anderer Spieler öffnen. Dadurch soll Neid unter den Spielern gefördert werden, der dann wiederum dafür sorgen soll, dass mehr Lootboxen für Echtgeld gekauft werden.
Erst kürzlich hat sich Activision ein Verfahren patentieren lassen, welches durch gezieltes Matchmaking Neid erzeugen soll. Mehr dazu kann man z.B. bei heise.de erfahren.
Übrigens (zum Zweiten): EA erntete auch herbe Kritik für die Tatsache, dass in Star Wars: Battlefront II die Freischaltpreise für die Helden zu hoch seien. Man reduzierte darauf hin die Preise auf 75%, was von der Community sehr positiv aufgenommen wurde. Allerdings übersah die Community dabei, dass die Belohnungen im Spiel ebenfalls auf 75% reduziert wurden. Man ist also auf eine Milchmädchenrechnung reingefallen.
Quellen: theverge.com, totalgamingnetwork.com, 4players.de
Passend zum Thema „Lootboxen in Battlefront II“ lohnt sich das folgende Video von AngryJoe.